Mark Chapman und Suhrkamp

Dezember 20, 2012

Der Hamburger Unternehmer Hans Barlach verfügt über die finanziellen Mittel, um mit Investitionen Zeit totzuschlagen. So zieht er seit Jahrzehnten von dieser Boulevard- weiter zu jener Fernsehzeitung, weil er nachschauen will, ob er sich aufdrängen und Ärger machen kann. Letzteren macht er seit einigen Jahren auch als Minderheitsgesellschafter des Suhrkamp-Verlags, den er übernehmen möchte.

Für sein Verhalten braucht er keine Gründe, und er verfolgt auch keine Absichten. Was er tut, dient nur dem einen Zweck, endlich mal die Sau rauszulassen, die viel zu lang drinnen gehalten werden musste.

Am Montag hat er beim Berliner Landgericht erwirkt, dass die Geschäftsführung des Suhrkamp-Verlags gehen und Schadensersatz zahlen soll. Barlach legt es auf Schaden an. Hat ihn das im Lauf der Zeit blind gemacht? Hat er immer noch nicht begriffen, dass weder Autorinnen oder Autoren noch die Mitarbeiter und die Leitung des Verlags an einer Zusammenarbeit mit ihm interessiert sind?

Die Antwort darauf ist, dass er das nicht verstehen will. Barlach erwartet, überall und von jedem mit offenen Armen empfangen zu werden. Wenn es jemand wagen sollte, dieser Erwartung nicht zu entsprechen, ist Barlach bereit, dessen ganzen Laden aufzuhalten. Dafür genügt es ihm aber nicht, bloß die Energien und Konzentration von Mitarbeitern und Geschäftsführung zu binden. Auch, wenn die dringend für Wichtigeres benötigt würden. Nein, Barlach, der aus nichts als Ressentiments und Aggressionen besteht, geht es um viel, viel mehr. Er will die Literatur verhindern. Und um das zu schaffen, entwickelt er einen mörderischen Ehrgeiz. Hans Barlach möchte für Suhrkamp unbedingt das werden, was Mark Chapman für John Lennon wurde.

 

Kristof Schreuf, 12.12.2012